Kaminer Wladimir: Kueche Totalitär
Das Kochbuch des Sozialismus

Küche totalitär


Ein echt russisches Kochbuch! Viele Geschichten und viel Gerede und wenige Rezepte, diese sind dafür aber absolut außergewöhnlich – Olga Kaminer sei es gedankt.

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Kochbuch-Rezension

Die russische Küche hätte in Deutschland bestimmt großen Erfolg, wenn die Russen nicht so faul wären. Da sie es aber sind, kennt sie hierzulande niemand so genau, die totalitäre Küche des untergegangenen Sozialismus sowjetischer Prägung, so sinngemäß Wladimir Kaminer, der Autor dieses Koch-Reise-Buches in seinem Vorwort. Und nun unternehmen Bestseller-Schreiber Wladimir Kaminer und seine Frau Olga mit diesem Büchlein den Versuch, dem Leser und Genießer die Wurzeln der sowjet-sozialistischen Küche nahezubringen, die eine Melange aus den Regional-Küchen des riesigen Sowjetlandes ist. Der Schriftsteller Wladimir versucht Geschichten über Land und Leute zu erzählen, am liebsten möglichst charakteristische und möglichst welche, die auch noch irgendeinen kulinarischen Bezug haben. Das gelingt hier und da, wirkt aber manchmal auch etwas bemüht und nicht immer wirklich unterhaltsam. Ehefrau Olga Kaminer hingegen wird praktisch und steuerte die Rezepte bei, ungefähr fünf pro ehemaliger Sowjetrepublik (siehe unter Rezepte). Und anders als bei den Geschichten, hat man schon beim Lesen der Rezepte das Gefühl, dass sich hier jemand ganz genau auskennt. Das schlichte Aussehen der Rezepte, es gibt nur eine kleine Zutatenliste und eine recht knappe Zubereitungsanleitung, täuscht darüber hinweg, wie schwierig und zeitaufwendig die Bereitung der Gerichte ist. Da gehört dann wohl schon echte Leidenschaft für russische Küche dazu, um so aufwendig kochen zu können. Aber während die Pilze einweichen – die zu vielen Rezepten gehören – kann man sich ja die Geschichten von Ehemann Wladimir zu Gemüte führen. Leider hat das Buch kein Rezeptregister, man muss sich immer wieder durchblättern – was natürlich jedes Mal auf’s neue wieder zu Überraschungen führt. Auch Fotos sucht der Kochbuch-Betrachter vergebens – es gibt kein einziges. Das Buch ist eben kein doch kein „richtiges“ Kochbuch – und sollte doch in keiner Koch-Bibliothek fehlen.

Auszug aus der Rezepteliste (Insgesamt 50 Rezepte)

Das Kochbuch enthält rund 50 Rezepte, davon je fünf aus Armenien, Weißrussland, Georgien, der Ukraine, Aserbaidschan, Sibirien, Usbekistan, Lettland, Tatarstan und Südrussland. Pro Region gibt es zumeist eine Vorspeise, eine Suppe, zwei Hauptgerichte, je eines mit Fleisch und mit Fisch sowie ein Dessert.

Kochbuchtest - Selbst gekocht

Da ich schon immer sehr slawophil veranlagt war und zudem im ehemaligen Ostblock aufgewachsen bin, schrie das Kochbuch des Sozialismus natürlich geradezu danach, einen Platz im heimischen Kochbuch-Bücherregal einzunehmen. So kam es dann auch. Nun musste nur noch gekocht werden! Die Qual der Wahl – Womit anfangen? Entscheiden wir uns nach regionaler Küche oder nach Vorlieben hinsichtlich bestimmter Gerichte? Da das Kochbuch kein Rezeptregister hat, tippten wir einfach auf Sibirien und kochten Hering im Mantel als Vorspeise, Taiga-Fleisch als Hauptgericht und backte die Torte Birkenstamm als reichhaltiges Dessert.

Kochbuchfazit

Küche totalitär ist ein Zwitter. Ein Buch, das keine richtige Prosa und auch kein richtiges Kochbuch ist. Und doch sind die Rezepte einfach überwältigend, was man erst so richtig zu schätzen weiß, wenn man sie nachgekocht hat. Was extrem mühselig und zeitaufwendig ist, aber dafür verbleibt das befriedigende Gefühl echt russische (oder in diesem Fall sibirische) Küche genossen zu haben. Erschwert wird die Zubereitung der Gerichte ein wenig, durch die sehr knappen Beschreibungen von Frau Kaminer. Da wo ihr Mann viele Worte verwendet, scheint sie zu sparen!. So weiß man so manches Mal nicht ganz genau, was nun zu tun ist, vor allem da Küchentechniken (Pelmeni falten!!!) gar nicht erläutert werden. Hier und da hätte man sich auch die Erwähnung einer passenden Beilage zu den Hauptgerichten gewünscht. Aber das hat uns nicht abgehalten in kulinarischen Hochgenüssen zu schwelgen. Und wir versuchen es wieder, schließlich lernt man ja aus Erfahrung! Die totalitäre Küche ist eine Bereicherung jeder Kochbuchbibliothek. Und so finden dann auch die nicht ganz so gelungenen Geschichten von Wladimir Kaminer doch noch ihren Platz im Bücherregal.


Küche totalitär

Das Kochbuch des Sozialismus

Autor: Wladimir und Olga Kaminer
ISBN13: 978-344254610
Erstveröffentlichung: 2006
Gebundenes Buch, 221 Seiten



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