New-York-Times-Cookbook
Classic Recipes for a New Century

The Essential New York Times Cookbook


Ein buntes Sammelsurium an Rezepten aus den USA – so kocht Amerika heute

Autor: • Verlag:

Kochbuch-Rezension

Die New York Times ist eine Institution. Und das nicht nur bezüglich der Berichterstattung täglicher und aktueller Nachrichten – mittlerweile prägt sie auch die Entwicklung der heutigen amerikanischen Esskultur. Seit den 1850er Jahren werden hier wöchentlich in einer eigenen Rubrik Rezepte veröffentlicht und von begeisterten Lesern nachgekocht.

Nun hat Amanda Hesser die besten Rezepte seit Beginn der Rezept- und Kochbuchrubrik in ihrem Mammutwerk „The Essential New York Times Cookbook“ zusammengefasst. Hierzu wurden die Leser wurden nach ihren Favoriten befragt und waren eifrig – über 6000 Rezepte wurden eingereicht und nach und nach auf etwas über 1000 Rezepte zusammengedampft, von denen dann die meisten getestet und – wo nötig – aktualisiert wurden, bevor sie im Buch erscheinen durften. Sicher eine anspruchsvolle Aufgabe, vor allem bei der Vielfalt an unterschiedlichen kulturellen Einflüssen, die sich in den USA während der letzten Jahrzehnte entwickelt haben.

Das beeinflusst natürlich auch die „Richtung“, die das Werk einschlägt. Der rote Faden hat mir hier ein wenig gefehlt. Es erscheint alles ein wenig bunt zusammengewürfelt, das gemeinsame Thema fehlt. So gibt es deutsche, britische, vietnamesische, chinesische und mexikanische Beiträge – aber nicht das, was ich in einem derartigen Kochbuch erwartet hätte – nämlich auch „typisch amerikanische“ Rezepte wie Burger und Co. Der Rote Einband gefällt mir optisch gut und zu den meisten Rezepten reicht meine eigene Fantasie aus, so dass auch die Abwesenheit von Fotos der einzelnen Gerichte nicht stört. Der Einband aus Leinen ist nicht so wirklich küchen- und kleckertauglich und auch die Größe, das Gewicht und die schlechte Papierqualität reißen mich nicht vom Hocker.

Die Einteilung des Kochbuchs ist recht übersichtlich gestaltet. Am Beginn eines jeden Kapitels (insgesamt 18 gibt es – klassisch eingeteilt in Vorspeisen, Suppen, Salate, Pasta, Fisch usw.) findet sich ein Zeitstrahl, aus dem ersichtlich ist, welche Gerichte zu welcher Zeit „modern“ waren. So erfahre ich beispielsweise, dass Prosecco seit 2001 unser Leben bereichert, die Times 1902 einen Artikel über die Zubereitung von Artischocken veröffentlicht hat oder in den 1870er Jahren Taube und Wachtel an den Abendbrottischen der Vereinigten Staaten serviert wurden. Auf diesen Doppelseiten finden sich übrigens auch die einzigen Fotos, die im „Essential New York Times Cookbook“ ein Zuhause gefunden haben.

Es folgt jeweils eine kurze Einleitung zum jeweiligen Kapitel, in der eingestimmt wird auf das, was nun kommt: die Rezepte. Nein – noch nicht ganz. Erst noch eine Übersicht, was uns in diesem Kapitel erwartet, sinnvoll untergliedert. Bei der Fülle an Rezepten sicher notwendig, mir macht es die Suche nach einem passenden Rezept auf alle Fälle leichter. Auch Querverweise zu anderen Kapiteln bereichern diese Übersicht.

Die Rezepte selbst sind dann ebenfalls in der immer gleichen Systematik aufgebaut – erst eine Einleitung, die auch gerne mal länger ausfallen kann, dann die Zutaten, die Zubereitungsschritte und – was mich ganz besonders begeistert – die „Serving Suggestions“. Hier werden andere Gerichte aufgelistet, mit denen das jeweils aktuelle gut harmoniert. Perfekt, um ein Menü zu planen oder das Abendessen vorzubereiten. Grundsätzlich ist auch die Anzahl der Personen angegeben, die mit der angegebenen Menge satt werden sollen (das sind nicht grundsätzlich vier wie in vielen anderen Kochbüchern stillschweigend vorausgesetzt wird). Und: eine Quellenangabe, woher das Rezept kommt sowie das Jahr, in dem es kreiert wurde. Toll.

Ebenfalls begeistert haben mich die zehn Seiten Menü- und Buffetvorschläge am Ende des Buches. Hier wurde wirklich an alles gedacht – alle erdenklichen Festtage (Weihnachten, Thanksgiving, Ostern, Silvester, chinesisches Neujahr usw.), Zeiträume (z.B. ein Seventies Buffet), Winter/Sommerbrunch, Rezepte zu verschiedenen Regionen und besonderen Anlässen (Kindergeburtstag, Afternoon Tea…). Alleine die Seitenzahlen neben den Rezepten wären noch hilfreich gewesen, so muss ich mich erst wieder auf die Suche begeben.

Wer Rezepte für Bagels, Burger oder Chicken & Dumplings – amerikanische „Klassiker“ – sucht, wird hier allerdings nicht fündig. „The Essential New York Times Cookbook“ versteht sich nicht als eine Zusammenfassung der US-amerikanischen Küche über den Verlauf von fast zwei Jahrhunderten, sondern als eine moderne Interpretation dessen, was „Amerika“ heute isst. Oder so. Wirklich verstanden habe ich es nicht und das macht es mir auch so schwer, mit diesem Werk warm zu werden.

Und das reicht offensichtlich von Thaiküche über Königsberger Klopse bis hin zum altbekannten Caesar Salad (aus Tijunana, Mexiko).

Kochbuchtest - Selbst gekocht

Selten ist mir die Entscheidung so schwer gefallen, welche der über 1000 Rezepte ich nun für den Praxistest auswählen soll. Also greife ich zuerst einfach auf Altbekanntes zurück, das ich in ähnlicher Form schonmal gegessen habe.

  • Caesar Salad

    Caesar Salad

    Mein Mann ist ein großer Fan von Caesar Salad, deshalb starte ich meinen Kochbuchversuch genau damit. In der Einleitung zum Rezept erfahre ich, dass wohl Caesar Cardini – ein Chefkoch mit Restaurant in Tijuana – diesen Klassiker in den 1920er Jahren kreiert hat. Schnöder Eisbergsalat ist übrigens als Bestandteil unter keinen Umständen erlaubt!
    Das halbrohe Ei, das ins Dressing gequirlt wird, hat mich zunächst mit Unbehagen erfüllt, gibt dem Ganzen aber eine wundervoll cremige Konsistenz (wichtig! Das Ei wirklich maximal 2 Minuten kochen). Das Originalrezept trennt übrigens nicht zwischen Salat und Dressing – alles wird gleichzeitig und wild durcheinandergemischt. Ich habe das Dressing separat zubereitet, weil ich wollte, dass sich dort die einzelnen Bestandteile gut verbinden. Diese Vorgehensweise würde ich auch unbedingt weiterempfehlen, sonst erwarte ich eher Salatmus als frischen, knackigen Salat „so wie man ihn kennt“. Hilfreich ist es, den Parmesan fein zu reiben, aber auch gröbere Stücke machen sich gut, wie man’s halt mag.
    Fazit: schmeckt (auch meinem Mann) und wird wieder gemacht.

  • Crumpets

    Crumpets

    Mit Crumpets (Rezept von 1939) hingegen verbindet mich seit einiger Zeit eine gewisse Hassliebe. Fertig abgepackt im Regal in englischsprachigen Ländern schmecken sie relativ scheußlich (und trotzdem konnte ich manchmal nicht daran vorbeigehen). Gerade deshalb wollte ich einmal eine selbstgemachte Variante ausprobieren und war gespannt auf das geschmackliche Ergebnis.
    Hier habe ich mich bei der Zubereitung (fast) genau an das Rezept gehalten und es hat wunderbar funktioniert. Lediglich habe ich den Teig bei Zimmertemperatur gehen lassen statt an einem kühlen Ort wie im Rezept gefordert. Der Teig ist schnell zusammengerührt und unkompliziert.
    Wichtig! Die Metallringe (ich habe Vorspeisenringe verwendet) unbedingt einfetten! Ein Paralleltest hat gezeigt, dass das wirklich sinnvoll ist.
    Am besten schmecken mir die Crumpets halbiert und getoastet, dann mit salziger Butter bestrichen. Aber auch mit Marmelade ein Genuss…

  • Ginger Snaps

    Ginger Snaps

    Zuletzt die Ginger Snaps. Eigentlich meine liebsten Knabberkekse (zumindest so, wie man sie in den USA im Supermarkt kaufen kann). Damit habe ich leider ordentlich daneben gelangt. Nicht nur war es eine Qual, den extrem festen Teig bei 97% Luftfeuchtigkeit und 31°C mit der Hand zu kneten und auszurollen. Wenn die Ingwerkekse dann wenigstens geschmeckt hätten… Das Ergebnis ist so überhaupt nicht mein Fall, die winzige Prise Cayennepfeffer und der gemahlene Ingwer machen die Kekse extrem scharf und die fehlende Süße sorgt dafür, dass ich definitiv keine weiteren davon backen werden. Sehr schade. Und wohin jetzt mit vier Dutzend ungenießbarer Kekse?
    Bei den Zutaten habe ich – wie im Rezept angegeben – richtige Melasse verwendet, die ich vor einiger Zeit aus Kanada mitgebracht habe. Vergleichbar auf dem deutschen Markt kenne ich nur Rübensirup, der aber von sich aus schon wesentlich heller und süßer ist. Es mag sein, dass auf diese Weise auch ein genießbares Ergebnis entsteht.

Weitere Rezepte in anderen Blogs:

Paprika meets Kardamom – Ragout aus gerösteten Karotten und roten Linsen

Kochbuchfazit

Für Anfänger ist das Kochbuch meiner Ansicht nach nicht geeignet. Durch die fehlenden Fotos und die teilweise nicht so präzisen/funktionierenden Rezepte muss der Hobbykoch schon ein paar eigene Erfahrungen mitbringen, um vorher abzuschätzen, was funktioniert und was nicht. Auch die ständige Umrechnung der Cupmaße (wenn nicht zufälligerweise ein importieres Maß vorhanden ist) kann umständlich, die Suche nach ganz bestimmten Zutaten (oft nur in den USA erhältlich) nervenaufreibend sein.

So ganz warm geworden sind wir daher nicht miteinander, das „Essential New York Times Cookbook“ und ich. Die Vielfalt der angebotenen Rezepte ist mir trotz aller Struktur zu wenig durchdacht, der rote Faden fehlt. Und es fehlen auch die typisch amerikanischen Rezepte, auf die ich mich schon gefreut hatte. Der Funke ist einfach nicht übergesprungen…


The Essential New York Times Cookbook

Classic Recipes for a New Century

Autor: Amanda Hesser
ISBN13: 978-0393061031
Erstveröffentlichung: 2010 (englische Originalausgabe)
Halbleinen, 938 Seiten



Ähnliche Bücher

Hier finden Sie thematisch passende Rezensionen:

  • Tim Mälzers neues KochbuchGreenbox

    Wer einen Blick in Tim Mälzers „Greenbox“ wagt, stößt auf viele interessante Rezeptideen, in deren Mittelpunkt die Vielfalt der Gemüsewelt steht.
  • Kochbuch - Ich helf dir kochenIch helf Dir kochen

    Eine ganze Kochbuch-Bibliothek in einem Buch: Auf mehr als 500 Seiten bringt Hedwig Maria Stuber alles unter, was man über das Kochen und Backen wissen muss.
  • Kochbuch multikultiStudentenfutter Multikulti

    Nachfolger des Studentenfutter-Kochbuchs von Dr. Oetker mit thematischer Ausrichtung auf Rezepte aus verschiedenen Kulturen.

Hinterlasse eine Antwort